12. Februar 2024
Zum 1. Januar 2024 erfährt das Gesellschaftsrecht mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wesentliche Neuerungen. Im Recht der Personengesellschaften wird das Gesamthandsprinzip abgeschafft, welches bisher der maßgebliche Anknüpfungspunkt für viele Besteuerungsarten war. Der Bundestag will die aktuell bestehende Unsicherheit über steuerrechtliche Auswirkungen des MoPeG ausräumen und hat daher im geplanten Wachstums-chancengesetzes (WCG) zahlreiche Anpassungen im Steuerrecht vorgenommen. Die wichtigsten Änderungen im Einkommensteuergesetz (EStG), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG), Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) und in der Abgabenordnung (AO) stellen wir Ihnen im Folgenden dar.
Ertragssteuerrechtliche Änderungen werden sich in der Praxis nicht ergeben. Nach dem Transparenzprinzip wurde eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) bisher, anders als eine Kapitalgesellschaft, nicht selbst zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer veranlagt. Die Wirtschaftsgüter der Gesamthand wurden gem. § 39 II Nr. 2 AO den einzelnen Gesellschaftern zugeordnet. Nach einheitlicher und gesonderter Feststellung des Gewinns wurde dieser bei den einzelnen Gesellschaftern anteilig mit deren individuellen Steuersätzen gem. § 15 I 1 Nr. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert. Mit der Abschaffung des Gesamthandsprinzips wird die rechtsfähige GbR nunmehr selbst Vermögensträger, was die Frage aufwirft, ob die GbR nunmehr anders besteuert wird. Nach dem aktuellen geplanten § 39 II Nr. 2 AO-neu sollen Wirtschaftsgüter einer rechtsfähigen Personengesellschaft als Gesamthandsvermögen fingiert werden. Demnach würde der Gewinn nach wie vor anteilig den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet werden und sich keine Änderung für die Ertragsteuer ergeben. Durch eine Ausweitung des § 1a Körperschaftsteuergesetz (KStG) auf sämtliche Personengesellschaften soll zudem für die GbR die Möglichkeit eingeführt werden, auf unwiderruflichen Antrag zur Körperschaftsbesteuerung zu wechseln.
Die Besteuerung durch Erbschaft- und Schenkungsteuer wird durch eine Gesetzesänderung im ErbStG unverändert fortgelten. § 2a ErbStG-neu fingiert, dass rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten. Dadurch bleibt nach aktuellem Entwurf die bisherigeRechtslage unverändert.
Im Bereich der Grunderwerbsteuer sind die langfristigen Auswirkungen auf die Praxis aktuell noch nicht absehbar. Nach bisheriger Rechtslage waren bestimmte Grundstücksübertragungen von oder auf eine Gesamthand von der Grunderwerbsteuerbelastung gem. §§ 5, 6 GrEStG befreit. Durch den Wegfall der Gesamthand finden nach der Gesetzesbegründung die Befreiungen nach künftigem Recht keine Anwendung mehr. Kritische Gegenstimmen befürworten eine autonome steuerrechtliche Auslegung des Begriffs der „Gesamthand“. Eine explizite Ausweitung des § 39 II Nr. 2 AO auf die Grunderwerbsteuer wurde vom Bundestag aber ausdrücklich abgelehnt. Nach der Überbrückungsregelung des § 24 GrEStG-neu werden rechtsfähige Personengesellschaften bis zum Ablauf des Jahres 2024 als Gesamthand fingiert.
Ein weiteres Problem, welches sich durch die Abschaffung des Gesamthandsprinzips ergibt, betrifft die Nachbehaltensfristen des § 5 III 1 GrEStG und des § 6 III GrEStG. Der Eigentumsanteil der Gesamthand reduziert sich zum 1. Januar 2024 durch den automatischen Wegfall der Gesamthand auf 0 %, womit die Nachbehaltensfristen unterbrochen würden. § 23 Abs. 25 GrEStG-neu wirkt dem entgegen und stellt klar, dass allein der weitgehende Entfall des Gesamthandvermögens die laufenden Fristen nicht durchbricht. Die Fristen laufen daher unverändert fort, bis es zu einer sonstigen Verminderung des Anteils kommt.
Weiterhin trifft das WCG einige Änderungen in der AO. Gem.§ 152 IV AO-neu soll bei Verspätungszuschlägen die rechtsfähige Personenvereinigung vorrangig in Anspruch genommen werden. Gem. § 181 II 2 AO-neu ist primär die rechtsfähige Personenvereinigung erklärungspflichtig ist und nicht der Feststellungsbeteiligte. § 179 II, 183 I 1 AO-neu regeln, dass Feststellungsbescheide an die rechtsfähige Personenvereinigung bekannt zu geben sind. Gem. § 179 II AO-neu kann auch dann in das Vermögen einer rechtsfähigen Personenvereinigung vollstreckt werden, wenn ein Vollstreckungsbescheid vor Erlangung ihrer Rechtsfähigkeit erging. Schließlich steht gem. § 352 AO-neu allein der rechtsfähigen Personenvereinigung die Einspruchsbefugnis zu.
Zu begrüßen ist, dass sich im Ertragsteuerrecht und im Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht im Wesentlichen nichts ändern wird. Das WCG befindet sich aktuell noch im Gesetzgebungsverfahren. Der Bundesrat hat am 24. November 2023 den Vermittlungsausschuss angerufen, weshalb zunächst eine erneute Verhandlung abzuwarten bleibt. Gegenstand der Verhandlung sind aber primär zusätzliche Gesetzesänderungen und nicht die wesentliche Beibehaltung der steuerrechtlichen Praxis im Ertrag- und im Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht.
Im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer besteht leider große Unklarheit, wie Grundstücksübertragungen ab 2025 behandelt werden. Eine Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer besteht aktuell nicht. Der Gesetzgeber hat angekündigt, im Jahr 2024 zu prüfen, ob Anpassungsbedarf besteht. Wie diese Entscheidung ausfallen wird, bleibt abzuwarten.
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Michael Krumwiede, Steuerberater, Diplom-Kaufmann, Partner
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Manuela Gräbner, LL.M., Steuerberaterin, Wirtschaftsjuristin, Senior Associate
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