21. März 2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 23. September 2023 eine Entscheidung zu dem begünstigten Vermögen bei der Betriebsübertragung im Sinne von §§ 13a, 13b Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) getroffen.
In der Praxis dürfte dies dazu führen, dass zukünftig in der Nachfolgeplanung deutlich öfter steuerlich begünstigtes Vermögen geltend gemacht werden kann als bisher. Insbesondere bei der unentgeltlichen Übertragung von Handelsunternehmen mit hohem Bestand an Forderungen, aber auch Verbindlichkeiten, ist teilweise eine deutlich niedrigere Steuerlast als bisher zu erwarten. THEOPARK-Partner Michael Krumwiede und Assoziierte Partnerin Manuela Gräbner stellen im Folgenden die wichtigsten Elemente der neuen Regelung dar.
Das Gesetz unterscheidet für Schenkungs- und Erbschaftssteuer zwischen begünstigungsfähigem (Betriebs-)Vermögen (§ 13b I ErbStG), zu dem etwa Produktionsmittel und -stätten gehören, und dem sogenannten Verwaltungsvermögen (§ 13b IV ErbStG), das nicht steuerlich vorteilhaft berücksichtigt wird. Zusätzlich ist in § 13b II 1 ErbStG festgelegt, dass das grundsätzlich begünstigungsfähige Vermögen nur soweit tatsächlich begünstigt wird, wie es das Verwaltungsvermögen, zu dem auch der Geldbestand und Forderungen eines Unternehmens zählen, übersteigt.
Die Entscheidung des BFH betrifft eine weitere Ausnahme von der Begünstigungsfähigkeit von Betriebsvermögen. Nach § 13b II 2 ErbStG ist nämlich auch, wenn die Voraussetzungen der Begünstigung eigentlich vorliegen, überhaupt keine Steuerbegünstigung möglich, wenn das Verwaltungsvermögen vor Kürzungen durch Freibeträge und Schuldenabzug mehr als 90 % des gesamten Betriebsvermögens ausmacht. Dies ist als „90-Prozent-Test“ bekannt. Angesichts eines Falles, in dem alle Anteile an einer im Handel gewerblich tätigen GmbH schenkungsweise übertragen wurden, hat der BFH nun geurteilt, dass bei einer Übertragung von solchen Unternehmen, deren Betriebsvermögen im Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 I, des § 15 I 1 Nr. 1 oder des § 18 I Nr. 1 und 2 EStG dient, eine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, nach der entgegen des Wortlauts von § 13b II 2 ErbStG die betrieblichen Schulden von dem Bestand an Zahlungsmitteln und Forderungen abzuziehen sind, bevor Verwaltungsvermögen und begünstigungsfähiges Vermögen verglichen werden. Die unveränderte Anwendung des § 13b II 2 ErbStG hätte bei der GmbH dazu geführt, dass nur deren Forderungen in Höhe von über 2,5 Millionen Euro Berücksichtigung gefunden und damit die Begünstigungsfähigkeit des Betriebsvermögens komplett ausgeschlossen hätten. Nun zog der BFH die noch höheren Verbindlichkeiten des Unternehmens vor dem 90-Prozent-Test ab, was diesen zu der Annahme eines Verwaltungsvermögens von 0 EUR und damit mittelbar zu einer Abänderung des Schenkungssteuerbescheids von zuletzt 197.334,00 EUR auf 0 EUR führte.
Der BFH begründet dies damit, dass die Begünstigungsfähigkeit von zu übertragenden, produktiven Handelsunternehmen nicht willkürlich und damit unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 I GG) davon abhängen kann, ob durch Zufall am Steuerstichtag der Übertragung betriebliche Schulden durch die vorhandenen Finanzmittel getilgt wurden oder nicht. Die betrieblichen Schulden dienen bei einem solchen Betrieb nach zutreffender Auffassung des BFH nämlich dazu, produktives Vermögen zu erwerben und so die Fortführung des Betriebs sicherzustellen. Damit widerspricht ihr Abzug von dem Verwaltungsvermögen bei der Berechnung der Begünstigung gerade nicht dem Gesetzeszweck, sondern ist zur vom Gesetzgeber eigentlich bezweckten, grundsätzlichen Anwendbarkeit der Begünstigung auf diverse Unternehmen vielmehr nötig. Rechtsmissbräuchliche Konstruktionen können dagegen ausreichend über das allgemeine Verbot des § 42 AO ausgeschlossen werden.
Bisher waren Unternehmen, die zwar über einen hohen Forderungsbestand, aber auch über einen nahezu ebenso hohen oder gar höheren Bestand an Verbindlichkeiten verfügten, von der steuerlichen Begünstigung gemäß § 13a ErbStG oft auf willkürliche Art gänzlich ausgeschlossen. Durch das Urteil vom 23. September 2023 hat der BFH die Steuerbelastung von Handelsunternehmen bei der Nachfolge nun endlich verringert und damit die ungerechtfertigte Schlechterstellung vieler Geschäftsmodelle diesbezüglich beseitigt.
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Michael Krumwiede, Steuerberater, Diplom-Kaufmann, Partner
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Manuela Gräbner, LL.M., Steuerberaterin, Wirtschaftsjuristin, Senior Associate
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