30. November 2020
Ein an einen Gesellschafter gerichtetes umfassendes Wettbewerbsverbot in dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist unter Umständen im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass es nur bis zum wirksamen Austritt aus der Gesellschaft gilt.
THEOPARK-Partner Gernot Giesecke schildert im Folgenden Aussage und Begründung der jüngsten Entscheidung des OLG Nürnberg in diesem Zusammenhang.
Ist in der Satzung einer GmbH geregelt, dass mit der Erklärung des Austritts das Stimmrecht des austretenden Gesellschafters ruht, gilt sein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot ab dem Zeitpunkt der Erklärung des Austritts für ihn nicht mehr fort. Dies entschied das OLG Nürnberg mit Endurteil vom 14.10.2020 (Az. 12 U 1440/20).
Der Kläger war Geschäftsführer und Gesellschafter der beklagten GmbH, sowohl die Satzung der Gesellschaft als auch sein Geschäftsführeranstellungsvertrag enthielten ein Wettbewerbsverbot. Nach der Satzung stand dem Gesellschafter ab Zugang der Austrittserklärung in der Gesellschaft kein Stimmrecht mehr zu. Im Dezember 2019 kündigte er seinen Geschäftsführeranstellungsvertrag und erklärte darüber hinaus auch seinen Austritt als Gesellschafter zum Ende des Jahres 2020. Kurze Zeit darauf wurde der Kläger ferner in seiner organschaftlichen Stellung als Geschäftsführer abberufen. Der Kläger betätigte sich in der Folge in Konkurrenzunternehmen. In der Folge begehrte er per einstweiligem Rechtsschutz gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit bzw. Unanwendbarkeit des Wettbewerbsverbots in der Satzung sowie die Duldung seiner Wettbewerbstätigkeit durch die GmbH.
Das OLG Nürnberg gab dem Gesellschafter dahingehend Recht, dass er einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Duldung der Wettbewerbstätigkeit hat. Denn nach Verlust seines Stimmrechts als Gesellschafter sei es ihm nicht mehr möglich, durch Weisungen auf die Geschäftsführung zulasten der Gesellschaft und zugunsten seiner (eigenen) Konkurrenzunternehmen Einfluss zu nehmen. Nur unter der Voraussetzung einer solchen Gefährdung der Interessen der Gesellschaft durch Einfluss auf die Geschäftsführung wäre ein Wettbewerbsverbot wirksam. In der vorliegenden Situation fehle aber die sachliche Rechtfertigung für ein Wettbewerbsverbot, weshalb dieses unwirksam und die Konkurrenztätigkeit zu dulden sei.
Die Entscheidung ist insofern nicht überraschend, als sie die bisherige Rechtsprechung zu gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverboten konsequent fortschreibt: Ein Wettbewerbsverbot ist nur bei sachlicher Rechtfertigung wirksam. Diese sachliche Rechtfertigung kann nur in einem konkreten berechtigten Interesse des oder der vom Wettbewerbsverbot Begünstigten liegen. Keineswegs führt das Urteil dazu, dass nunmehr nach dem Zugang einer Austrittserklärung eines GmbH-Gesellschafters dessen Wettbewerbsverbot unwirksam wäre. Nur wenn bereits der Zugang der Austrittserklärung dazu führt, dass ein bis dato bestehender beherrschender Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH wegfällt, z.B. weil für diesen Fall in der Satzung das Ruhen des Stimmrechts angeordnet ist, verliert ein Wettbewerbsverbot seine Wirksamkeit mit Blick auf den ausscheidenden Gesellschafter.
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