9. Dezember 2019
Am 11.07.19 (Az. II R 38/16) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuerbefreiung für ein geerbtes Familienheim rückwirkend wegfällt, wenn dieses zu früh an spätere Erben verschenkt oder veräußert wird. Auch die Einräumung eines lebenslangen Nießbrauchs ändert daran nichts. THEOPARK-Partner Mathias Becker kommentiert das Urteil.
Neben den persönlichen Steuerfreibeträgen (z.B. in Höhe von EUR 500.000,00 für Ehegatten odereingetragene Lebenspartner) gibt es eine Vielzahl weiterer Befreiungstatbestände von der Erbschaftssteuer. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG ist insbesondere der Erwerb des Familienheims durch den überlebenden Ehegatten grundsätzlich steuerfrei, soweit der überlebende Ehegatte Eigentümer des Familienheims wird und dieses fortan zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Diese Begünstigung fällt allerdings mit Rückwirkung für die Vergangenheit weg, wenn der überlebende Ehegatte das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb nicht mehr selbst zu Wohnzwecken nutzt. Schädlich sind daher ein Verkauf, eine Vermietung des Familienheims oder von Teilen davon oder ein längerer Leerstand. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an der Wohnnutzung gehindert ist – z.B. im Falle eigener Pflegebedürftigkeit.
Im konkreten BFH-Urteil erbte die Ehefrau des im Jahr 2013 verstorbenen Ehegatten den hälftigen Anteil am Familienheim. Dieser Erwerb war zunächst steuerfrei, da sie als überlebende Ehegattin Eigentümerin des Familienheims war und dieses weiterhin zu Wohnzwecken selbst nutzte. Bereits 1 ½ Jahre nach dem Erbfall übertrug sie das Eigentum am Familienheim im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge schenkweise an ihre Tochter und behielt sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht am Schenkungsgegenstand vor. Daraufhin setzte das Finanzamt nachträglich Erbschaftssteuer fest und begründete dies damit, dass nun nicht mehr die Ehefrau, sondern vielmehr deren Tochter Alleineigentümerin des Familienheims sei. Sowohl das erstinstanzlich hiermit befasste Finanzgericht Münster wie nun auch der Bundesfinanzhof bestätigten die Rechtmäßigkeit dieses rückwirkenden Entfallens der Steuerbefreiung.
Zwar hätte man aufgrund der Tatsache, dass die Ehefrau des Verstorbenen sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vorbehielt, annehmen können, dass dies einer Selbstnutzung gleichstehe. Der Bundesfinanzhof sah die für die Befreiung erforderliche Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken indes als nicht mehr gegeben, wenn das Familienheim – wie im vorliegenden Fall – an die späteren Erben innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb verschenkt wird. Er stellte in diesem Zusammenhang fest, dass der Gesetzgeber mit der Steuerbefreiung den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wolle. Im Ergebnis könne die Steuerbefreiung deshalb einzig derjenige überlebende Partner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und diese selbst zu Wohnzwecken nutzt. Das Gericht verwies entscheidend auf den Wortlaut von § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG. Dieser spreche dafür, dass sowohl die Selbstnutzung als auch Eigentümerstellung des überlebenden Partners bestehen bleiben müssten.
Entfällt daher die Selbstnutzung innerhalb von 10 Jahren ab dem Zeitpunkt der Übertragung, entfällt auch die gesamte Steuerbefreiung für dieses Vermögen. Gleiches gilt bei Wegfall der Eigentümerstellung. Um diesen Nachversteuerungstatbestand zu vermeiden, sollten im Vorfeld einer Testamentserrichtung oder einer Übertragung von Vermögenswerten zu Lebzeiten sämtliche sinnvollen Gestaltungsmöglichkeiten auch erbschaftsteuerlich geprüft werden.
Ansprechpartner:
Mathias Becker, Rechtsanwalt, Partner
THEOPARK Rechtsanwälte und Steuerberater Part mbB
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