31. Juli 2018
Die Nutzung sozialer Medien wirft zahlreiche Rechtsfragen auf. Jüngst klärte der Bundesgerichtshof eine umstrittene Frage zum digitalen Nachlass. THEOPARK-Partner Mathias Becker zeigt die Leitlinien der Entscheidung auf und weist auf die praktischen Folgen hin.
Der Hintergrund
Ein junges Mädchen verstarb unter ungeklärten Umständen. Ihre Eltern und gleichzeitig alleinigen Erben erhofften sich eine Klärung der Ursachen durch Zugang zum Socia-Media-Account ihrer Tochter. Vor diesem Hintergrund baten Sie das Unternehmen Facebook darum, ihnen Zugriff auf das entsprechende Konto zu gewähren.
Die Argumentation Facebooks
Facebook weigerte sich: Zum einen sei unklar, ob die Eltern beim Tod der Tochter in deren Nutzervertrag einrücken. Zum anderen seien Datenschutzrechte Dritter zu berücksichtigen: Es entspräche nicht dem Willen der Kontakte der Verstorbenen, dass Dritte Zugriff auf den entsprechenden Nachrichtenverkehr erlangen.
Das Urteil: Kein Sonderrecht für digitalen Nachlass
Mit Spannung wurde deshalb das Urteil des Bundesgerichtshofs erwartet (s. BGH, Urteil v. 12.7. 2018, III ZR 183/17). Im Gegensatz zu einer früheren Instanz folgten die Karlsruher Richter nicht der Argumentation von Facebook. Die Tochter habe mit Facebook einen Nutzungsvertrag geschlossen. Wie bei jedem anderen Vertragsverhältnis prinzipiell auch rückten die Erben deshalb im Todesfall in die Position des Verstorbenen ein. Dass die Eltern dadurch auch Zugriff auf Kommunikationsinhalte mit Dritten erhielten, stelle keinen hinreichenden Grund für eine Ausnahme dar. Denn schon zu Lebzeiten müsse man damit rechnen, dass Nachrichten über Social-Media-Kanäle durch Passwortdiebstahl oder Passwortmitteilung des Nutzers an Dritte gelangen. Ferner gehe auch das Eigentum an Tagebüchern beim Tod des Verstorbenen auf dessen Erben über. Es bestehe kein Grund, digitale Inhalte anders zu behandeln.
Die Folgen: Bedeutung auch für andere digitale Inhalte
Der Bundesgerichtshof hat seine Formulierungen in diesem Urteil sehr weit gefasst. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Entscheidung nicht nur auf Social-Media-Konten beschränkt sein soll, sondern die Entscheidungsgründe auch im Zusammenhang mit anderen digitalen Inhalten, wie z.B. online gekaufter Musik oder E-Books, Geltung beanspruchen. In den AGB der entsprechenden Anbieter ist zwar häufig vereinbart, dass die Rechte des Nutzers mit dessen Tod erlöschen. Eine solche Klausel ist aber möglicherweise unwirksam, weil sie die Interessen des Anbieters zu einseitig betont.
Praxishinweise
Zur Nachlassvorsorge empfiehlt es sich, eine sicher verwahrte Liste mit Passwörtern und Konten anzulegen, die auch rein digitale Vertragsverhältnisse enthalten sollte. Darüber hinaus sollte durch Vollmacht geregelt werden, wer nach dem Tod den entsprechenden Zugang benutzen darf, um z.B. Daten zu löschen.